Gemeindeverband Teningen

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Kann sich Verwaltungsbürokratie auch irren?
Soll man sie überprüfen oder immer so weitermachen?

20.4.2006

   Es ist ein altes Problem. Nach Wahlen werden schnell die Zahlen veröffentlicht - das will man ja auch so haben. Aber auch dieses Mal nach der Landtagswahl am 26. März 2006 waren die Zahlen der Wahlbeteiligungen in den einzelnen Teninger Ortsteilen falsch. Das Rathaus hat die Zeitung falsch "gefüttert" - natürlich nicht absichtlich.
   Das Rathaus sagt nun, diese Berechnung sei auch in anderen Gemeinden so. Das aber macht die Sache auch nicht richtiger.
   Wo liegt der Fehler? Ganz einfach: Auf dem Rathaus hat man auf dieser ersten Liste alle Wahlberechtigten in der Spalte "ohne Briefwahl" (A1) aufgeführt und die Spalte "Briefwähler" (A2) nicht ausgefüllt. Siehe unten das vorläufige amtliche Formular vom Rathaus, wie es wohl auch an die Zeitung ging (denn dort standen am 27.3. und 28.3. genau diese Zahlen). Und damit wurden in jedem Wahlbezirk die Prozente falsch ausgerechnet: anstatt die Wähler ins Verhältnis zu den Wahlberechtigten ohne Briefwahl zu setzen - denn die mit "Wahlschein" (= mögliche Briefwähler) haben ja [mit 1 Ausnahme!] jetzt ihre Stimme nicht im Wahllokal abgegeben - wurden einfach die Wähler im Verhältnis zu allen Wahlberechtigten (einschließlich der Briefwähler) berechnet.

Amtliches Formular vom Rathaus Teningen

Die in Spalte A 1 angegeben Zahlen sind falsch, und damit auch die in Spalte B  berechneten Prozentzahlen, weil diese Tabelle so tut und so rechnet, als hätte niemand eine Briefwahl beantragt oder gemacht.

Später hat natürlich die Gemeinde die vollständigen Zahlen an das Landratsamt gemeldet. Schade dass nicht schon am Wahlsonntag das obige Formular der Gemeinde vollständig ausgefüllt war. Dann hätte wohl der Computer auch die Prozentzahlen richtig berechnet und die Zeitung sie so veröffentlicht.
Also ein große BITTE an das Rathaus: man möge doch künftig in aller Ruhe vor dem Auszählen der Stimmen in diesem obigen Formular die Spalte A 2 auch ausfüllen (Briefwahl kann man ja nicht mehr am Wahltag beantragen, oder?).

Hier das vollständig ausgefüllte Formular (entsprechender Ausschnitt) vom Landratsamt:

Vollständig ausgefülltes Formular

  Hier sind die (möglichen) Briefwähler, die einen Wahlschein beantragt hatten, richtig in die Spalte A 2 eingetragen und damit ist die Spalte A 1 (= A minus A2) nun richtig. Und diese Zahlen in A 1 werden zur Berechnung der Wahlbeteiligung in den Wahlbezirken und Ortsteilen herangezogen !

Auf dieser Grundlage kann man nun die Wahlbeteiligungen berechnen.
Ein Beispiel: nehmen wir den Wahlbezirk Teningen 03: J.-P.-Hebel-Schule links.
Dort haben 521 Wähler ihre Stimme abgegen.
Das Rathaus rechnete für die Wahlbeteiligung: 521 von 1158 ist 44,99 Prozent.

Aber: von den 1158 Wahlberechtigten haben 84 einen Wahlschein beantragt, wollten also die Briefwahl machen. Damit sind diese natürlich nicht ins Wahllokal marschiert! Und deshalb konnten/wollten dort praktisch nicht 1158 Wähler ihre Stimme abgeben, sondern nur 1074 !
Somit errechnet sich die Wahlbeteiligung richtig: 521 von 1074 ist 48,51 Prozent.

Der Unterschied ist ja nicht gewaltig. Darum geht es ja nicht. Und für das Wahlergebnis ist dieser Fehler auch nicht ausschlaggebend. Es geht nur darum, es richtig zu machen und das Prinzip einzusehen, dass man ohne Mehrarbeit gleich die richtigen Zahlen veröffentlichen kann.

Auf diesen Sachverhalt wies Dieter Arnold in einem Leserbrief in der BZ am 6.4.2006 hin, nachdem er vorher auf dem Rathaus war und mit dem EDV-Leiter die Sache besprochen hatte.
Hier der Wortlaut:


Berichterstattung über die Landtagswahl

Ein ganz dickes Lob der BZ für die Wahlergebnisse. So schön und übersichtlich waren die Tabellen noch nie. Da freut man sich doch sehr über die neue Technik. Und jetzt können wir auch die einzelnen Wahlergebnisse der Nachbarkreise studieren. Ein Blick über den Tellerrand schadet nie! Danke der BZ für diesen Service.
   Aber dennoch bin ich erschrocken. Da steht schwarz auf weiß, dass in Teningen-Ort nur 44 % gewählt haben. Und in Nimburg (Rathaus) sollen es gar nur 40,0 % sein? Aber in Gesamt-Teningen doch immerhin 50,9 %. Schlecht genug, leider! Aber bei diesen Zahlen kann was nicht stimmen.
   Bei näherem Nachprüfen ist der Fehler klar: Die BZ hat keinen Fehler gemacht, sondern das "Teninger Rathaus" hat schlicht falsche Zahlen geliefert. Dort hat man (aus Bequemlichkeit *) oder aus Versehen?) ALLE Wahlberechtigten in der Spalte "ohne Briefwahl" (A 1) aufgeführt, und die Spalte "Briefwähler" (A 2) einfach nicht ausgefüllt. Und dann wurden in jedem Wahlbezirk die Prozente falsch ausgerechnet: anstatt die Wähler ins Verhältnis zu den Wahlberechtigten OHNE Briefwahl zu setzen - denn die haben ja jetzt ihre Stimme nicht persönlich abgegeben -, wurden einfach die Wähler im Verhältnis zu ALLEN Wahlberechtigten berechnet. Im Rathaus Nimburg zum Beispiel haben 360 Leute von 900 Wahlberechtigten im Wahllokal gewählt. 360 von 900 sind 40 Prozent. Falls aber dort 180 Leute Briefwahl gemacht hätten, dann hätten eben 360 von 720 möglichen Wählern gewählt. Das wären 50 Prozent.
  Große Bitte an die Tabellenkalkulationskünstler auf dem Rathaus für die nächste Wahl: den Computer richtig kalkulieren lassen und die Wahlbeteiligung in den Ortsteilen nicht noch schlechter machen und uns nicht so erschrecken!
*) Jetzt im Nachhinein nimmt der Schreiber diese "Bequemlichkeit" zurück. Entschuldigung dafür! Denn tatsächlich wurden die Zahlen ja dann doch eingetragen und gemeldet. Siehe unten.


Und wie reagiert das Teninger Rathaus? Anstatt den Fehler einzuräumen - egal, ob auch anderswo der gleiche Fehler gemacht wird - wird an der Sache vorbei nach einer Entschuldigung gesucht. In der Badischen Zeitung vom 20.4.2006 und im Internet sucht sich die Gemeindeverwaltung zu rechtfertigen. Siehe: www.teningen.de Man hat den Eindruck, dass der Schreiber auf dem Rathaus gar nicht verstanden hat, um was es eigentlich geht. Und wenn auch das "landeseinheitliche Verfahren" verwiesen wird: wer sagt denn, dass nicht auch mal Mitarbeiter aus einem Rathaus das Land auf eine Ungenauigkeit aufmerksam machen können? In vielen Betrieben bekommen Mitarbeiter extra Prämien für ihre Verbesserungsvorschläge!

Deshalb hier der Wortlaut der Erwiderung von Dieter Arnold (20.4.2006):


Die Reaktion der Gemeinde geht an der Sache vorbei. Nie wollte jemand, dass "der Wahlscheininhaber in seinem Wahlbezirk gewertet" wird. Um das geht es ja gar nicht. Bitte noch mal meinen damaligen Leserbrief lesen. Es geht um einfaches Prozentrechnen, um den falschen Grundwert, auf den sich das Teninger Rathaus bezieht. Das ist überhaupt kein "kompliziertes Verfahren". Heute habe ich vom Landratsamt die Liste der Wahlbeteiligten bekommen. Dort sind nun genau diese Briefwahlanträge ins amtliche Formular nachgetragen, wie ich es damals gefordert habe.
   Geradezu beleidigend empfinde ich die Aussage, "erst mit dem Sachverhalt vertraut machen, bevor man öffentlich kritisiert." Denn 1. habe ich mich schon seit Jahren mit dem Sachverhalt vertraut gemacht. 2. Als Mathematik- und Informatiklehrer kann ich sehr wohl Prozentrechnen und Tabellenkalkulation. 3. Auch in zurückliegenden Wahlen habe ich diese falschen Prozentzahlen bemängelt und darüber mit der Leiterin des Wahlamtes, Frau Pfister, gesprochen. 4. Auch dieses Mal war ich nach der Veröffentlichung der Ergebnisse in der BZ auf dem Rathaus und habe versucht, dem EDV-Leiter das Problem zu erklären. Erst dann bin ich mit meiner Aussage an die Öffentlichkeit, als ich die Reaktion bemerkte.
Zum Schluss: Meine Aussagen vom 6.4.2006 treffen zu. Die veröffentlichten Prozentzahlen der Wahlbeteiligung in den Teninger Ortsteilen sind falsch.

  Und damit man nun doch "den kleinen Unterschied" der Zahlen erkennt, hier der Sonderservice der Teninger CDU mit der besser ermittelten Wahlbeteiligung:

Wahlbeteiligung in Teningen
Anmerkung: Ein ganz großer Schlauberger kann bei der Wahlbeteiligung einwenden, dass rein theoretisch auch die Zahlen in der grünen Spalte eine gewisse Ungenauigkeit haben. Stimmt.  Ganz genau müsste man titulieren: "Wahlbeteiligung im Wahllokal ohne die Briefwähler". Denn die Briefwähler werden aus verständlichen Gründen nicht noch extra den Ortsteilen zugeordnet.
  Diese Zahlen in der letzten Spalte sind also auf jeden Fall richtig, wenn man die Briefwähler nicht berücksichtigt. Und das will man ja so auf dem Rathaus und im Land!

   Vielleicht nehmen die verantwortlichen "Tabellenkalkulationskünstler" diese ausführliche Darlegung doch zum Anlass, künftig das Zahlenwerk nach dem gesunden Menschenverstand und nach der praktischen Mathematik zu ändern und vielleicht sogar auf Landesebene einen "Verbesserungsvorschlag" einzubringen.

   Und bitte nicht schlechte und böse Motive vermuten, wenn ein (auch ein wenig sachkundiger) Bürger die Veröffentlichungen des Rathauses liest und auf die Wirklichkeit hin hinterfragt. Wir freuen uns doch alle über mitdenkende Bürger, oder?

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